Bauplanung durch die Projektgruppe der RWTH Aachen

Einleitung zur Bauplanung

Ziel des Himalaya-Projektes ist der Entwurf und die schrittweise Realisierung einer Krankenstation im nordindischen Dorf Sani in der Provinz Zanskar. Das Dorf befindet sich auf einer Hochebene im Gebirge, auf ca. 3700m über Meeresspiegel. Die wüstenähnlichen klimatischen Randbedingungen, die durch diese Lage gegeben sind, stellen an das zu planende Gebäude hohe Anforderungen hinsichtlich der Energieversorgung, da im Winter Temperaturen von bis zu -30 Grad vorherrschen können. Die Temperaturamplitude zwischen Tag und Nacht ist sehr groß, da in der Regel keine Bewölkung vorhanden ist, die die über den Tag in den Erdboden eingespeicherte Energie in der Nacht in den bodennahen Luftschichten beläss Das Fehlen der Bewölkung bringt jedoch den Vorteil mit sich, dass die Sonne selten verdeckt ist und wir sie durch diese Kontinuität als Hauptenergiequelle für unser Gebäude nutzen können.

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Nutzung

Das Gebäude soll ganzjährig genutzt werden. Im bis zu fünf Monate währenden Winter soll der sich durch die Sonneneinstrahlung selbst erwärmende große Raum den Kindern aus Sani und Umgebung als Winterschulraum dienen. Bisher fiel der Unterricht in dieser Zeit aus und konnte in den letzten zwei Jahren nur im von uns neu verglasten Flur der alten Schule mit zusätzlichem Kuhdungfeuer durchgeführt werden. 70 und mehr Schüler nahmen am Boden sitzend regelmäßig teil.

Das ganze Jahr über soll das Haus zur medizinischen Versorgung der gesamten Bevölkerung von Zanskar zur Verfügung stehen. Die mit Trombenwänden versehenen Räume werden die Sonnenwärme des Tages speichern und so den eventuell hospitalisierten Patienten auch in der Nacht einen warmen Raum gewähren.

Ein besonderer Schwerpunkt soll auf den Impfschutz der Kinder gelegt werden, die vor den neu eingeschleppten Kinderkrankheiten der übrigen Welt geschützt werden müssen. Kinderlähmung, Wundstarrkrampf, Masern, Mumps, Röteln usw.

Eine Operationseinheit soll kleinere Eingriffe, sowie zahnmedizinische Behandlungen ermöglichen. Der große Raum soll auch zur Schulung der Kinder in der täglichen Zahnhygiene genutzt werden.

Ebenso können hier die Amchis aus entlegeneren Tälern geschult werden, damit sie das Wissen zum Segen der Kinder auch dorthin tragen können.

Die hochgesteckten Ziele können wahrscheinlich nicht alle im ersten Jahr realisiert werden. Jedoch ist deren Verwirklichung durch die Zusagen von einigen anderen Organisationen (Ärzte ohne Grenzen Deutschland, Zahnärzten die bereits dort waren und Partnervereinen, z.Bsp. „Children of Himalaya“ Deutschland) gut vorbereitet.

Da das Projekt schrittweise realisiert werden soll (es kann nur in den Sommermonaten gebaut werden), ist es möglich, im ersten Jahr nur das Erdgeschoss zu realisieren und das Obergeschoss im zweiten Jahr.

Baukonstruktion/Bauweise

Eine weitere Herausforderung ist die Beschaffung von Baumaterialien und technischen Anlagen. Das Gebiet liegt zum Einen sehr abgelegen und zum Anderen über der Baumgrenze, wodurch Holz zu einem sehr raren Baumaterial wird. Haupt-Baustoff sind Lehmziegeln, die direkt vor Ort hergestellt werden können. Lehm hat eine hohe Dichte, was sowohl Vorteile als auch Nach

teile mit sich bringt. Von Vorteil ist die hohe Speicherfähigkeit des Materials, durch die Sonnenenergie in den massigen Bauteilen eingespeichert werden kann und zeitversetzt (über die Nacht) wieder abgegeben wird. Nachteilig an der hohen Dichte ist jedoch die schlechte Wärmedämmung des Materials. Dies hat zur Konsequenz, dass die wärmedämmenden Wände als zweischalige Konstruktion ausgebildet werden müssen. Zwischen zwei Schalen aus Lehm (ca. 20 cm dick)wird wärmedämmendes Material (Stroh)eingebracht.

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Räumliche Anordnung

Die beschriebenen klimatischen und nutzungsspezifischen Aspekte bringen einige Notwendigkeiten für den Entwurf mit sich. Da die Sonne alleiniger Wärmelieferant ist, müssen die Fensterflächen des Gebäudes nach Süden orientiert sein und die Nordseite möglichst ganz geschlossen sein. Diese Ausrichtung bzw. Orientierung entspricht somit der eines Passivhauses und sorgt für maximale solare Energieeinträge. Zweite entscheidende Voraussetzung für einen niedrigen Energieverbrauch ist ein möglichst günstiges Verhältnis zwischen beheiztem Raumvolumen und wärmeabstrahlender Gebäudehülle, also ein günstiges A/V-Verhältnis. Diesen Vorgaben entspricht der Entwurf mit einem zweigeschossigen, und nach Süden komplett geöffnetem Baukörper.

Die Nordseite ist, mit Ausnahme der Eingangstür, komplett geschlossen. Des Weiteren nutzt unser Entwurf das Prinzip der „thermischen Zwiebel“ durch die Anordnung von Pufferräumen. Als Pufferräume für den gesamten Wohnbereich (Arztraum, Schlafraum, Behandlungszimmer und Küche, sowie Winterschule im OG), dienen das Treppenhaus, das

WC und Lagerräume im OG). Diese Pufferräume haben keine Anforderung an die thermische Behaglichkeit, da sie nicht als Aufenthaltsräume, sondern nur untergeordneten Zwecken dienen. Auf diese Weise wird einer schnellen Auskühlung des Gebäudes in Richtung Norden vorgebeugt.

Der Schlafraum stellt die höchsten Anforderungen hinsichtlich der thermischen Behaglichkeit, da die Patienten in ihm übernachten sollen. Dementsprechend ist dieser Raum auf drei Seiten (Ost, West, Nord) von Räumen umgeben, die das Auskühlen mindern. In Richtung Süden ist der Raum mit einer sog. Trombe-Wand versehen.

Eine besondere Rolle im Prinzip der „Zwiebelschalen“ spielt die Küche. Sie dient als weitere nördliche Pufferzone für den Schlafraum. Wird sie genutzt, entsteht in ihr sogar Wärme durch die Kochstelle bzw. den Ofen. Ist dies nicht der Fall, behält sie dennoch ihre Funktion als Pufferraum.

Der Behandlungsraum und der große Raum im OG sind in Richtung Süden vollständig verglast. Hierdurch nutzen sie das Prinzip des Treibhauses, da die Sonne diese Räume morgens relativ schnell aufheizen kann. Durch die großen Glasflächen kühlen diese Räume, sobald die Sonne nicht mehr scheint relativ schnell wieder aus.