Sorig – das Wissen vom Heilen
Die tibetische Medizin hat ihre Wurzeln in den alten Traditionen der indischen und chinesischen Medizin und hat diese weiter differenziert und fortentwickelt. Die Amchis, wie sich die Ärzte im Himalaya nennen, behandeln ihre Patienten meist unentgeltlich. Sie sammeln ihre Kräuter in den Bergen und betreiben eigene Landwirtschaft.
Zunehmend wird diese traditionelle, sehr wirksame und sanfte Medizin von der westlichen verdrängt. In Zusammenarbeit mit der Nyima Odser Sorig Foundation haben wir in Sani eine Krankenstation aufgebaut, in der die tibetische Medizin praktiziert und gelehrt werden soll und ein konstruktiver Austausch mit der westlichen Medizin stattfinden kann.
Ein Ort, an dem Ärzte gegenseitig voneinander lernen können, zum Wohle der Patienten.
Medizinische Versorgung im Zanskartal – gestern, heute und morgen
In Zanskar wird die Bevölkerung traditionell von ihren in der tibetischen Medizin geschulten Ärzten versorgt. Sie werden dort Amchi genannt und sie sammeln ihre Heilkräuter selber in den Bergen und stellen die notwendigen Medikamente daraus selber her. Die tibetische Medizin ist sehr wirkungsvoll, besonders bei chronischen Krankheiten. Oftmals besser als die westliche Medizin.
Letztere kam nach der Öffnung von Ladakh und Zanskar in die Region.
Im Bereich der Unfallchirurgie, Zahnheilkunde, Augenheilkunde und Halsnasenohrenheilkunde, also in den Bereichen, wo technische Hilfsmittel oder Organersatz von Nöten ist, kann nunmehr die westliche Medizin ergänzend sein.
Unser Ziel ist es, die Bevölkerung mit der so genannten modernen Medizin zu unterstützen, ohne ihre traditionelle Medizin zu schwächen.
Denn diese hat sich seit jahrhunderten bewährt, auch in ihren psychosozialen Aspekten.
Der Erhalt dieser alten Kultur und ihrer Medizin, wird auch eines Tages uns zu Gute kommen, die wir vom schnellen Erfolg mancher moderner Arzneimittel auch geblendet sind. „Es ist leicht, das kranke Blatt abzuschneiden, die Wurzel bleibt jedoch krank, wenn wir nicht auch an sie denken.“
In den Sommermonaten haben die Menschen die Gelegenheit sich an das Krankenhaus in Padum zu wenden oder nach Leh oder Srinagar zu fahren. Ich kann da zwar aus 14 Jahren Erfahrung auch schlimme Geschichten erzählen, aber es scheint besser zu werden.
Ziel unseres Projektes ist, die Bevölkerung in ihrer traditionellen Medizin und in ihren Traditionen zu stärken, die sie jahrhundertelang psychisch und körperlich stabil gehalten haben.
Wir werden dieses Jahr eine mobile Zahnarzteinheit in unserem Hospital ( Mentsekhang) etablieren und die Amchi darin schulen, damit sie auch in den 5 Monaten, in denen sie eingeschneit sind, zahnmedizinische Notfallhilfe haben.
Vielmehr gilt es aber, neben all der materiellen Hilfe, der Bevölkerung klar zu machen, dass eigentlich wir von ihnen lernen müssen.
Unsere Gesellschaft leidet mehr denn je unter psychosomatischen Krankheiten, wobei jede Form des krank seins , sich bei Lichte betrachtet, auf ein Defizit reduzieren läßt.
Der alte Satz : „Was fehlt Ihnen denn?“
Das können wir von Ladakh und Zanskar wieder lernen.
Nämlich, daß wir in der sogenannten Zivilisation vergessen haben, was Mensch sein bedeutet und wir nicht mehr wissen was wir mit uns anfangen sollen, ohne die modernen Medien. Wohl weil es keine Dorfgemeinschaften mehr gibt und die Gesellschaft immer mehr vereinzelt und zwischen jung und alt trennt.
Unser Mentsekhang (traditionelles tibetisches Hospital) wurde in diesem Sinne in den letzten drei Jahren als Winterschule für die Kinder genutzt und in den Sommermonaten von deutschen Fachärzten besucht, die ihre Fachkenntnis zur Verfügung stellten. Das kam dem ganzen Tal zugute.
Die Augenärztin machte Reihenuntersuchungen an mehreren Schulen und der HNO Arzt versorgte 10 Patienten mit Hörgeräten.
2010 wird unser Zahnarztprojekt vorangetrieben und eine deutsche Zahnärztin wird Amchis in den Gebrauch der Dentaleinheit einweisen.
Im Vordergrund wird immer die Stärkung der Tradition stehen.
Deshalb ist es für uns ein willkommenes Glück, dass der Schatzmeister unserer Schwesterorganisation vor Ort, der „Nyima Odzer Sorig Foundation“ eine Frau geheiratet hat, die tibetische Ärztin ist. Sie hat ihr Amchi – Examen in Daramsala, an der Schule des Dalai Lama gemacht hat. Sie soll die Leitung unseres Mentsekang übernehmen und den Erhalt der tibetischen Medizin sichern und fördern.
Dabei wollen wir ihr tatkräftig zur Seite stehen.
Ärztliche Versorgung Sommer 2009
Ärzte die unser Hospital besuchen arbeiten dort mit den Amchis auf Augenhöhe. Die Qualitätssicherung unserer gemeinsamen Arbeit wird durch die Patientenkartei gewährleistet. Die Amchis stärken ihre Stellung vor Ort durch Teilnahme an Schulungen in Gebieten wie Zahnmedizin und Augenheilkunde oder Hörgeräten.
Unsere Arbeit stellt eine sinnvolle Ergänzung zu den traditionellen Heilweisen dar und fördert die Nachhaltigkeit unseres Projekts.
Im Juli 2009 führte ein deutscher Zahnarzt eine Schulung in der Basisdiagnostik und Therapie von Zahnerkrankungen durch. Dabei lernten die Amchis eigenständig kleine Füllungen zu machen und Zähne zu ziehen. Eine Augenärztin hat ebenfalls im Juli 2009 in Zusammenarbeit mit einer jungen Ärztin die Bevölkerung untersucht und eine Patientenkartei angelegt.
Für mehrere Wochen hat ein engagierter HNO Arzt in unserem Hospital praktiziert. Er hatte 10 Hörgeräte im Gepäck, die erstmals ihre Funktionstüchtigkeit in 4000m Höhe beweisen konnten.
Der Vorsitzende unseres Vereins Rainer Lezius hat wie jedes Jahr das Dorf und das Hospital besucht und betreuen. In seiner Funktion als Arzt besprach er mit den Amchis das Erreichte und plante den weiteren Einsatz des Hospitals.
Sorig – the knowledge of healing
Tibetan medicine has its roots in the old traditions of Indian and Chinese medicine and has further differentiated and developed these traditions. The Amchis, that’s how the physicians in the Himalayas call themselves, treat their patients usually for free. They collect their herbs in the mountains and carry out their own farming. More and more this traditional, very efficient and gentle form of medicine is replaced by western medicine. In cooperation with the Nima Odser Sorig Foundation we have built a hospital ward in Sani. There Tibetan medicine is practised and taught and a constructive exchange with Western medicine is planned.
A place where physicians can learn from each other for the benefit of their patients.
Health care, Summer 2009
Physicians visiting our hospital work there at eye level with the Amchis. Quality assurance of our joint work is guaranteed by our patient files. The Amchis reinforce their local position by participating in trainings in areas such as dental medicine and ophthalmology or hearing aids.
Our work is to be seen as a useful complement to traditional healing and supports sustainability of our project.
In July 2009 a German dentist held a training in basic diagnostics and therapy of dental diseases. There the Amchis learned to make their own small fillings and to pull teeth. An ophthalmologist together with a young female physician has also examined the people in July 2009 and created patient files.
For several weeks a very dedicated ENT specialist has practiced in our hospital. In his luggage he had 10 hearing aids which could for the first time ever prove their functional efficiency at a height of 4000 m.
As he usually does once a year, the president of our association, Rainer Lezius, has visited the village and hospital and made sure everything is ok. In his function as a physician, he talked with the Amchis about the things achieved so far and made plans for the further use of the hospital.
Medical health care in the Zanskar Valley – yesterday, today and tomorrow
In Zanskar people are traditionally looked after by physicians familiar with the Tibetan medicine. These doctors are called Amchis and they collect their own medicinal herbs in the mountains and create the necessary medicines from these herbs. Tibetan medicine is very efficient, in particular when it comes to chronic diseases. They are sometimes far better than western medicine. Western medicine was introduced to Ladakh and Zanskar after the opening of the region. In the fields of accident surgery, odontology, ophthalmology and ENT medicine, i.e. in areas where technical aids or organ replacement is necessary, western medicine may be used additionally.
It is our aim to support the people with so called modern medicine without weakening their traditional medicine which has proven its worth over many centuries also regarding psycho-social aspects. Retaining this old culture and its medicine will bring us benefits one day as well, since, unfortunately, we have let ourselves be blinded by the rapid success of many modern medicines. „It is not really difficult to cut off a sick leaf, the root will remain sick, however, if it is not treated properly.“
During Summer people have the opportunity to go to the hospital in Padum or drive to Leh or Srinagar. I could tell horrible stories from my 14 years of experience regarding these hospitals, but it seems like things are improving finally.
Our project is aimed at strengthening traditional medicine and traditions which have kept these people in a sound condition for many years – psychically and physically. We have planned to install a mobile dental unit in our hospital (Mentsekhang) this year and train the Amchis in its proper use so they have access to dental emergency aids during the five months when they are usually snowed in.
What is far more important, however, than material aid provided, we need to make the people aware of the fact that actually we need to learn from them and not the other way around. Our society is suffering more than ever from psychosomatic diseases, but when it comes to being sick we might reduce everything more or less to one great deficit or dilemma and in this regard we can learn a lot from Ladakh and Zanskar. The question „what’s wrong with you?“, which once upon a time we heard on a daily basis, needs to be asked again. We who live in a so-called modern society, have completely forgotten what it means to be a human being, we do not know anymore what to do without those modern media. On the one hand, this is due to the fact that village communities have practically ceased to exist, and on the other hand a society subsists where people are being more and more isolated and a differentiation is made between old and young people.
Our Mentsekhang (traditional Tibetan hospital) was used in the past three years as a winter school for children and was visited by German specialist physicians offering their expertise during Summer. This arrangement was to the benefit of the whole valley. The ophthalmologist carried out mass examinations in several schools and the ENT physician handed out hearing aids to 10 patients.
In 2010 our dentist project will be spurred on and a German dentist will train the Amchis in using the dental unit.
Strengthening of traditions will and must always be our main concern. Owing to this, we quite welcome the fact that the treasurer of our local partner organization, i.e. the „Nima Odser Sorig Foundation“ has married a woman who is a Tibetan physician. She has completed her Amchi certificate in Dharamsala at the school of the Dalai Lama. She is to take over our Mentsekhang and assure and promote preservation of Tibetan medicine. We want to support her in every possible way.